Materialverknappung darf nicht zu Baumängeln führen

Die derzeitige Materialknappheit führt dazu, dass Entscheidungen getroffen werden, Alternativmaterialien, die auf dem Markt beschaffbar sind, zu verwenden. Teilweise wird auch Druck auf die Bauherren in der Form ausgeübt, dass nur das vorgeschlagene Material beschaffbar sei und ansonsten eine verzögerte Lieferzeit und in der Folge Bauverzögerung und Mehrkosten entstehen würden.

Diese Situation erinnert mich an den Anfang meiner Sachverständigentätigkeit vor ca. 40 Jahren, nur mit einer anderen Ursache.

Vor 40 Jahren bestand ein Boom bezüglich neuer Baustoffe. Es entstanden immer weitere neue Baustoffe mit besseren Leistungen und verkürzten Bauzeiten. Dies führte dazu, dass diese Baustoffe nicht ausgereift und nicht ausgiebig erprobt waren und es zu Schwierigkeiten in Kombination mit anderen vorhandenen Baustoffen etc. kam.

Daher gab es in den Jahren 1970 bis 1990 aufgrund der neuen Baustoffe erhebliche Baumängel. Teilweise sind diese Baustoffe längst wieder wegen Untauglichkeit vom Markt verschwunden. Die Baumängel bleiben jedoch. Etwas weniger, aber auch gravierend, war in den 90er Jahren dann der Boom auf die Wärmedämmung. Es sind Wärmedämmbaustoffe auf dem Markt erschienen, die sich nicht bewährt haben und teilweise wieder verschwunden sind bzw. überarbeitet wurden. Übrig blieben wieder Baumängel und Bauschäden.

Die jetzige Situation darf nicht dazu führen, dass wieder Bauschäden und -mängel aufgrund von Materialknappheit entstehen. Baustoffe müssen untereinander kompatibel und in der Konsequenz verträglich sein. Es kann nicht einfach der Austausch eines Baustoffes erfolgen. Bausysteme sind ganzheitlich.

Kompromisse können teuer werden.

Auch die Vorlage einzelner Datenblätter von Alternativprodukten sagen nichts über deren Verwendbarkeit aus, da es sich hier um ein Einzelprodukt handelt und oft in den Datenblättern keine Aussage über die Komplettierung beziehungsweise die Verträglichkeit mit sonstigen bereits verwendeten Baustoffen getroffen wird.

Baustoffe müssen durchgängig kompatibel sein.

Lassen Sie sich bei Alternativbaustoffen beraten und lassen Sie prüfen, ob der Baustoff wirklich eine Alternative ist. Die eventuell entstehenden Bauschäden sind teuer, können existenzgefährdend sein und die Gesamtsubstanz des Bauwerks nachhaltig schädigen.

Aus meiner über 40-jährigen Erfahrung als Bausachverständiger ziehe ich das Fazit, dass die handwerklichen Baumängel in etwa gleichgeblieben sind und immer wieder €žam Bau auftauchen können.

Industrielle Baustoffe oder plötzliche Verwendung von natürlichen Baustoffen in Verbindung mit industriellen Baustoffen sind beherrschbar und brauchen nicht zwingend zu Baumängeln und Bauschäden zu führen.

Eine produktneutrale Beratung ganzheitlich im Bausystem  ist aktuell mehr angesagt, als je zuvor.

Auch bei der Altbausanierung sind die Verträglichkeit der Baustoffe untereinander und die Verarbeitungsrichtlinien zu beachten